Harald Michelbach für die FBW-Fraktion


Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schiek,
sehr geehrtes Rathausteam, liebe Gemeinderatskolleginnen und -kollegen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

heute es ist wieder soweit: Nach ausführlichen Erläuterungen und Beratungen in Fraktionen und Ausschüssen halten die Fraktionsvorsitzenden ihre Reden zum Haushaltsplan und zum Wirtschaftsplan des Wasserwerkes und am Ende – so viel kann man wohl vorhersagen- wird der Gemeinderat den Entwurf für 2023 annehmen. Natürlich: Es ist dringend notwendig, einen Plan zu haben, wofür wir wieviel Geld ausgeben können und wollen. Alles andere wäre vollkommen unverantwortlich. Trotzdem müssen wir uns im Klaren sein, dass wir auch in diesem Jahr eben nur einen PLAN verabschieden werden, und das ganz ohne zu wissen, was wohl diesmal alles anders kommt, als wir das denken oder uns wünschen und in welche sauren Äpfel wir vielleicht dieses Jahr beißen müssen.  Beim Vorbereiten dieser Rede habe ich einen kleinen Blick in die zurückliegenden Jahre gewagt.

2020 bewertete unser Kämmerer Jochen Schmidt den Haushaltsplan als „grenzwertig, aber vertretbar“, wir genehmigten Kreditaufnahmen für den Kindergartenbau und das Rathaus in Höhe von 2,61 Mio. Euro, kurz danach kam Corona und hat unsere Welt verändert.

2021 sahen wir eine neue Kreditaufnahme in Höhe von 2 Mio. € auf uns zukommen. Bürgermeister Schiek titulierte den Haushaltsplan mit den Worten „die guten Jahre sind erst einmal vorbei“, und „mit diesem Haushalt sind wir nicht zufrieden.“  Dieser Haushaltsplan stand schon ganz unter dem Eindruck der Coronapandemie.

2022 brachte Bürgermeister Schiek den Haushaltsentwurf mit den Worten ein: „Wir brauchen kein Beruhigungsgetränk“ –  aber das war kurz vor dem Ukrainekrieg und vor allen sogenannten Krisen, die sich daran angeschlossen haben.

Und dieses Jahr, 2023, führt unser Kämmerer zusammenfassend aus: „Die Gemeinde ist auf einem soliden Weg.“ Er rechnet damit, dass wir in diesem Jahr keine neuen Kredite aufnehmen müssen und wir unsere Abschreibungen bist auf rund 160 000€ erwirtschaften können. Das wäre ja viel besser, als in den vorausgegangenen Jahren befürchtet wurde.

Hoffentlich behält er recht und wir können die Dinge angehen, die wir uns vorgenommen haben und die uns wichtig sind. So eine Gemeinde mit fast 8500 Einwohnern ist ja nicht leicht zu steuern, vor allem, wenn Viren oder Kriege vollkommen unberechenbar ins Spiel kommen. Um es unseren Bürgern zu verdeutlichen: Die Gemeinde beschäftigt derzeit 219 Personen, die allermeisten davon im Bereich Bildung und Erziehung. Mit fast 10 Mio. Euro nehmen die Personalkosten mit Abstand den größten Posten im Haushalt unserer Gemeinde ein. Was da eine Lohnerhöhung in Höhe von 10%, die derzeit gefordert und die bei den derzeitigen Preissteigerungen nachvollziehbar ist, für den Gemeindehaushalt bedeuten würden, lässt sich dann leicht berechnen. Dazu kommen explodierende Energiekosten bei Gas und Strom. Diese Ausgaben sind aber nur ein Aspekt, der uns stark beschäftigt.  Ein anderer ist die Erledigung der Aufgabenfülle, die in unserem Rathaus und seinen Einrichtungen bewältigt werden muss. Immer mehr wird von Bund und Land auf die Kommunen abgewälzt. So müssen wir beispielsweise die Unterbringung von Obdachlosen und Geflüchteten bewerkstelligen. Schon allein diese Aufgabe fordert von der Verwaltung einen erheblichen Aufwand. Es ist gut, dass wir bisher alle Wohnungssuchenden unterbringen konnten, aber die gemeindlichen Kapazitäten kommen an ihre Grenzen. An die Grenzen stoßen wir auch, wenn es darum geht, qualifiziertes Personal für den großen Bereich Kinder und Jugend zu finden, vor allem, wenn Betreuungsplätze vom Bund garantiert werden. Es ist hier und in der Verwaltung schlichtweg nicht genug qualifiziertes Personal zu finden, das diese Aufgaben erledigt und so bleibt es nicht aus, dass die Arbeitsatmosphäre nicht mehr immer nur als „positiv“, sondern mindestens als „angespannt“ betrachtet werden muss. Vielleicht auch deshalb habe zumindest ich die Rede unseres Bürgermeisters beim Neujahrsempfang als eine Rede in „Moll“ empfunden.  Für die Erfüllung unserer Pflicht- und freiwilligen Aufgaben benötigen wir Personal, das motiviert und im besten Falle auch über viele Jahre hinweg gern für die Gemeinde Nordheim arbeitet. Deshalb möchte ich hier allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeinde, die ihren Dienst – egal an welcher Stelle unserer Gemeinde – engagiert und zum Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger leisten, von Herzen „Danke“ sagen. Und gleich anschließend, weil eine Gemeinde eben nicht nur aus einem Rathaus heraus lebt, ganz herzlichen Dank allen, die sich ehrenamtlich im Kleinen wie im Großen für unsere Gemeinde einsetzen und sie lebendig, liebens- und lebenswert machen. In Nordheim läuft viel, und vieles läuft auch gut! Was ist Gemeinde? Gemeinde, das sind doch wir alle. Nicht nur das Rathaus, die Ämter und Institutionen. Gemeinde sind wir alle, wo wir uns begegnen, uns aufeinander einlassen, uns respektieren und wo wir uns einbringen.

Wir als Gemeinderat möchten dazu unseren Teil beitragen und wir machen uns Entscheidungen nicht leicht. Deshalb freuen wir uns, wenn sich die Bürger und Bürgerinnen einladen lassen zu öffentlichen Sitzungen, uns ihre Sicht der Dinge mitteilen und sich konstruktiv am Gemeinwesen beteiligen. Demokratie kann nur funktionieren, wenn sich Bürger daran beteiligen, mitdenken und am Ende auch demokratisch getroffene Entscheidungen akzeptieren.  Und schon jetzt freuen wir uns, wenn sich für die Kommunalwahl 2024 wieder Menschen finden lassen, die bereit sind, an dieser exponierten Stelle Verantwortung zu übernehmen. 

Zurück zum Plan in diesem Jahr: Ganz oben steht dabei für uns von der FBW die Ortskernsanierung in Nordhausen. Der wirkliche Start zieht sich noch deutlich länger hin, als wir befürchtet haben. Hier laufen einige Vorarbeiten wie die Marktabfrage im Hintergrund. Trotzdem muss es in 2023 für jeden sichtbar werden, dass es in Nordhausen vorwärts geht. Das gilt neben der historischen Ortsmitte idealerweise auch für das große private Areal im Osten des Ortes und auch für die Vergabe des Gewerbeplatzes in Erbbaurecht in der Strombergstraße.  Außerdem wird mit dem Abbruch eines gemeindeeigenen Gebäudes neben der Kirche der Bau einer zeitgemäßen Sakristei und eines Aussegnungsraumes möglich. Wir sehen, hier wird einiges vorangebracht.

Ebenfalls wichtig in Nordhausen ist die Sanierung des Kindergartens in der Heuchelbergstraße. Es wird eine große Aufgabe werden, die Kinderbetreuung in Nordhausen zu organisieren, wenn das komplette Dach runter muss und das Gebäude über einen längeren Zeitraum nicht nutzbar sein wird.

Und noch etwas zu Nordhausen: Die zahlreichen, oft auch schweren Unfälle haben es gezeigt: den Umbau des Kreuzungsbereichs Richtung Hausen in einen Kreisverkehr halten wir für die mit Abstand beste und sicherste Lösung. Ein Blitzer mag die Geschwindigkeiten reduzieren, trotzdem wird die Kreuzung gefährlich bleiben.  Vielleicht bemerkt das Landratsamt bei der Gelegenheit auch, dass sie die Eingrünung der schon längst fertiggestellten Umgehungsstraße eigentlich schon lange in Angriff nehmen wollte.  

Nach Nordheim. Auch in Nordheim tut sich vieles, und vieles geschieht oft so selbstverständlich, dass wir es gar nicht mehr richtig zu schätzen wissen. Wir sind eine gut aufgestellte Gemeinde, die in den letzten Jahren viele große und wichtige Projekte vollendet hat. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Dennoch liegt einiges an.  In diesem Jahr möchte ich darauf verzichten, auf alle Themen ausführlicher einzugehen. Ein paar große Aufgabengebiete will ich aber zumindest benennen:

Das geplante Gewerbegebiet Breitenbaum Richtung Leingarten ist in einer Phase angekommen, in der die Verwirklichung auf der Kippe steht. Es könnte scheitern, weil Grundstücksbesitzer ihre Grundstücke nicht oder nicht zu den zu erwartenden Konditionen abgeben wollen. Das Recht haben sie. Sie müssen sich aber im Klaren sein, dass sie damit auch verhindern, dass Betriebe im Ort bleiben und Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die Planungen für das Areal Lauffener Straße / Südstraße laufen an. Wir sind zuversichtlich, dass die Lebenswerkstatt und weitere Einrichtungen wie z.B. die Diakonie oder eine Demenz-WG dort Heimat finden können und wir sind gespannt, welche städtebaulichen Vorschläge uns unterbreitet werden.

Die Deutsche GigaNetz ist mit dem Ausbau des Glasfasernetzes in unserer Gemeinde beschäftigt. Hier läuft einiges nicht rund, nach mangelhafter Vermarktungsphase gleichen die Baustellen vielfach eher Bastelstellen. Dennoch hoffen wir auf den Anschluss ans schnelle Netz in diesem Jahr.

Lange haben wir darauf gewartet: Jetzt ist unser Jubiläumsjahr 2023 am Laufen und die eine oder andere schöne Veranstaltung liegt schon hinter uns. Gespannt blicken wir auf die vielen noch anstehenden Veranstaltungen, vor allem während der Festtage im Juli, wo von Blasmusik über Filmabend, Covermusik und vielem mehr für jeden Geschmack etwas dabei sein müsste. Wir sind uns sicher, dass das für dieses Festjahr bereitgestellte Geld gut angelegt ist, weil solche Feste die Gemeinschaft fördern, egal ob man als Helfer oder als Gast dabei ist. Dass Nordheim feiern kann, haben wir schon oft genug erlebt. Wir freuen uns darauf.

Meinen Betrachtungsschwerpunkt möchte ich aber auch in diesem Jahr auf den Klimaschutz legen. Ich bin sehr dankbar, dass sich vor gut einem Jahr eine kleine Gruppe Nordheimer und Nordhausener Bürger intensiv damit beschäftigt hat, wie wir vor Ort unsere Energie klimaneutral erzeugen können. Dieser Gruppe ist es letztendlich mit zu verdanken, dass in der heutigen Sitzung über den geplanten Windpark Heuchelberg gesprochen wird. Bei allen großen Projekten – und ein Windpark in dieser Dimension ist für die Region ein Großprojekt – sind immer mehrere Aspekte zu bedenken und auch abzuwägen. Ich möchte auf zwei Aspekte detaillierter eingehen:

Das Wichtigste ist aus meiner Sicht die ökologische Dimension. Es ist klar: Schön finden muss man diese geplanten Anlagen nicht und auch andere Einwände wie Geräuschemission, die Rodung von ca. 0,5 ha pro Windrad oder die Herstellung von Zufahrtswegen sind nur einige wenige Punkte, die wir mit Sicherheit diskutieren werden. Ich bin aber der vollen Überzeugung, dass wir mit diesen Windrädern, die wir in Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn in Brackenheim, Leingarten und Schwaigern sowie mit Graf von Neipperg einen ganz wichtigen Beitrag leisten, schrittweise die klimaschädliche Energieproduktion aus Kohle und Gas zu reduzieren. Unter dem Strich erzeugen wir mit dem Windpark eine positive ökologische Bilanz.

Dass wir durch erneuerbare Energien nicht nur ökologisch das Richtige tun, sondern uns auch von importierter Energie unabhängig machen, bringt mich zum zweiten wichtigen Aspekt – der ökonomischen Dimension. Die Idee, dies gemeinsam mit der Zeag umzusetzen, ist gut. Die Zeag ist ein regional verorteter Partner mit vielen Kompetenzen, wirtschaftlich stark, mit großer Erfahrung und ich habe den Eindruck gewonnen, dass sie auch für uns ein zuverlässiger Partner sein wird. Die Windräder werden nur erstellt, wenn das Projekt nicht nur ökologisch ein Erfolg wird, sondern auch wirtschaftlich ein positives Ergebnis einbringt. Daran hat allein schon die ZEAG ein legitimes Interesse. Als Gemeinderäte sollten wir uns aber auch die Frage stellen, wie der größtmögliche Nutzen für unsere Bürger erzielt werden kann. Der Gedanke, die Bürgerschaft in Form einer Bürgerenergiegenossenschaft an dem Vorhaben und an den Gewinnen teilhaben zu lassen, ist deshalb sinnvoll und richtig. Über den wirtschaftlichen Nutzen hinaus werden dadurch die Windräder auch zu „unseren“ Windrädern.

Die Gründung dieser Bürgerenergiegenossenschaft ist dabei ein sehr wichtiger Schritt. Darüber hinaus ist es aber überlegenswert und zu diskutieren, wie die entstandene Energie direkt vor Ort genutzt werden kann, zum Beispiel im Rahmen des Nahwärmekonzepts für Nordhausen, das ja auch mit erneuerbarer Energie betrieben werden soll. Gemeinsam mit der ZEAG müssen wir uns fragen, wie durch die Integration von verschiedenen Aktivitäten im Rahmen einer „Erneuerbaren Energieversorgung“ für unsere Bürger der maximale Nutzen zu minimalen Kosten entsteht. 

Viele wichtige Fragen sind noch nicht einmal gestellt, geschweige denn beantwortet. Wie können wir die elektrische Energie der Windräder für die Erzeugung von Wärme verwenden? Können wir die Energie direkt für Nordheim und Nordhausen nutzbar machen?  Wie kann „überschüssige“ Energie gespeichert werden? Welche Rolle spielt die Wasserstofftechnologie?  Kann die Bürgerenergiegenossenschaft auch an anderer Stelle aktiv werden, auch außerhalb einer eventuellen Bürgerenergie Heuchelberg, z.B. für eventuelle weitere Photovoltaikflächen auf Dächern oder auch Agrophotovoltaik? Und wie können die unterschiedlichen Projekte terminiert und in Stufen realisiert werden? Das Nahwärmenetz muss früher starten, als sich die Windräder drehen werden.

All diese und noch viel mehr Fragen sind wichtig und müssen beantwortet werden. Sie dürfen uns nur jetzt nicht aufhalten, um mit dem Windpark den nächsten Schritt zu gehen. Bei aller Sorgfalt und Genauigkeit – Geschwindigkeit ist jetzt auch wichtig.  Deshalb sehe ich es als dringend notwendig an, der Planung des Windparks Heuchelberg oberste Priorität zu geben. Für uns gilt: Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wir sind gespannt auf die anstehende Informationsveranstaltung in wenigen Wochen und darauf, wie groß die Bereitschaft unserer Bevölkerung ist, diesen großen Schritt hin zum Klimaschutz mitzugehen.

Wie werden wir wohl im nächsten Jahr über 2023 reden? War es dann wieder ein Jahr, in dem vieles anders wurde, als wir gedacht und geplant hatten?  Trotz aller Unwägbarkeiten sehen wir von der FBW zuversichtlich nach vorne und betrachten den eingebrachten Haushaltsplan und den Wirtschaftsplan des Wasserwerkes als solide Grundlage, um dieses Jahr gut zu bewältigen. Deshalb wird die FBW den beiden vorliegenden Plänen zustimmen und dabei nicht das Empfinden haben, in einen sauren Apfel beißen zu müssen. Wir planen gemeinsam die Zukunft. Und wie könnte man dies besser tun, als voller Zuversicht der Gemeinde in diesem Jubiläumsjahr einen kleinen Apfelbaum zu übergeben. 

Am Ende ist es mir auch in diesem Jahr ein Anliegen, mich im Namen der gesamten FBW-Fraktion bei unseren Gemeinderatskolleginnen und -kollegen aus den anderen Fraktionen für die immer konstruktive und kollegiale Zusammenarbeit zu bedanken.  Oft macht ja der Ton die Musik. Ich bin der Meinung, der passt bei uns und darüber bin ich sehr froh. Herzlichen Dank auch an Herrn Schmidt und Herrn Reegen und das gesamte Kämmereiteam, die den Haushaltsplan auf den Weg gebracht haben. Danke für die Erläuterungen zu unseren Rückfragen. Wir können nur ansatzweise ermessen, wie viel Arbeit in diesen Plänen steckt, wir wissen aber, dass die Zahlen bei Ihnen in guten Händen sind.  Auch unserem Bürgermeister Herrn Volker Schiek ganz herzlichen Dank für seine überaus engagierte Arbeit zum Wohle unserer beiden Ortsteile Nordheim und Nordhausen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.