Harald Michelbach für die FBW-Fraktion

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schiek,
sehr geehrtes Rathausteam, liebe Gemeinderatskolleginnen und -kollegen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

hier steht es also vor mir, das Glas, halb gefüllt mit Wasser und es stellt sich die altbekannte Frage: Ist es halb voll oder ist es halb leer? Bei der Betrachtung des Haushaltsentwurfs unserer Verwaltung könnte man diese Frage tatsächlich vielleicht auch stellen. Können wir eher zufrieden sein, wie sich unsere Zahlen entwickeln und wie sie prognostiziert werden oder überwiegt dann eher doch die Sorge und die Skepsis, die ja allgemein bei uns im Land um sich zu greifen scheint? Bürgermeister Schiek brachte den Haushaltsentwurf im November mit den Worten ein: „Wir brauchen kein Beruhigungsgetränk“ – das klingt ja recht hoffnungsvoll. Als Beruhigungsgetränk wäre dann etwas anderes als Wasser wohl auch wirkungsvoller. Werfen wir einmal zumindest einen groben Blick in unser Glas:

Der diesjährige Gesamtfinanzhaushalt sieht um 1,5 Mio. Euro besser aus, als der von vor einem Jahr. Statt der befürchteten 2 Mio. Euro Kreditaufnahme für 2021, die wir eingeplant hatten, benötigten wir „nur“ einen Kredit in Höhe von 1,5 Mio. Euro. Das liegt vor allem daran, dass die Corona-Einbrüche nicht so stark eintraten, wie im letzten Haushaltsplan gedacht und dass sich die Gewerbesteuereinnahmen positiver entwickelten, als man ahnen konnte.

So schön es ist, wenn die Schulden nicht so stark angestiegen sind, wie wir befürchtet hatten. Trotzdem: Es muss jedem klar sein, dass wir dennoch im vergangenen Jahr um eben diese 1,5 Mio. Euro zusätzlich ins Minus gegangen sind. 

Immerhin planen wir einen Zahlungsmittelüberschuss in Höhe von 600.000 Euro zu erwirtschaften, der in unsere geplanten Investitionen fließen kann. Na prima – eigentlich. Allerdings sind diese projektierten Investitionen damit nur ansatzweise zu stemmen – ganz zu schweigen von den Abschreibungen, die wir damit bei weitem nicht abdecken können. Diese Abschreibungen zeigen zwar, dass wir werthaltige Gebäude, Anlagen und Fahrzeuge besitzen, wir müssen diese aber auch zukünftig erhalten. Da klafft dann immer noch ein Defizit in Höhe von 900.000 Euro bei den angestrebten Investitionen für 2022, die eine Gesamthöhe von satten 4,6 Mio. haben, davon 1,2 Mio. Euro in Gebäude für künftige Gemeindeentwicklung. 

Ja was jetzt? Ist das Haushaltsglas halb voll oder halb leer? Ganz egal, wie man es betrachtet, wir haben im vergangenen Jahr notwendige Maßnahmen auf den Weg gebracht, die teilweise im letztjährigen, teilweise im diesjährigen Haushaltsplan zu Buche schlagen: Die Kanalsanierung im Sportgelände gehört zu den Maßnahmen, die wohl die wenigsten Bürger bemerkten, die aber absolut notwendig waren. Wir konnten unsere Sporthalle sanieren und hoffen, dass sie sich bald wieder mit viel Leben füllen kann. Wir blicken zurück auf die Bereitstellung und Inbetriebnahme der Vereinsräume in der Südstraße und auf eine zwar eingeschränkte, aber dennoch durchgeführte Freibadsaison 2021. Wir freuen uns über den „Mittagstisch für Senioren“, der ins Leben gerufen werden konnte und sich großer Beliebtheit erfreut. Die Sanierung der Kirchentreppe ist so gut wie abgeschlossen und zuletzt haben wir in unserer Ortsmitte Gebäude erworben, die für die zukünftige gemeindliche Entwicklung von großer Bedeutung sein können. Nun stehen weitere nicht nur wünschenswerte, sondern notwendige Investitionen an: Die FBW ist dankbar für eine aktive und schlagfertige Feuerwehr im Ort. Deshalb sind wir froh, wenn das neue Löschgruppenfahrzeug dieses Jahr zur Auslieferung kommt. Nicht zu diskutieren braucht man die notwendige Dachsanierung am Kindergarten Nordhausen oder den Anbau einer Fluchttreppe an die Ortsbücherei incl. Brandschutzmaßnahmen im Inneren, obwohl diese mit 250.000 Euro sehr teuer erscheint. Auch andere Investitionen, wie beispielsweise die Entwicklung von Wohn- und Gewerbeflächen, die restliche Umstellung unserer Straßenbeleuchtung auf LED, die Ermöglichung von zusätzlichen Bestattungsmöglichkeiten auf dem Friedhof in Nordheim und die Gestaltung eines Aussegnungsraumes in Nordhausen – das sind nach unserer Meinung alles sinnvolle Ausgaben, die wir gerne mit auf den Weg gebracht haben oder bringen. Sollte das Gutachten zu einer zusätzlichen Wasserversorgung von Leingarten her raten, dann halten wir es auch hier für notwendig, dies anzugehen. 

Ebenso stehen wir zu den Feldwegesanierungen in Nordheim und Nordhausen, auch wenn es für uns nicht nachvollziehbar ist, dass mit den Arbeiten im November begonnen wurde und die Baufirma nun davon überrascht ist, dass danach Wintermonate kommen und der Weiterbau nun ruht – und das trotz Temperaturen von fast durchweg über dem Gefrierpunkt. 

Klammheimlich befindet sich die seit vielen Jahren nach hinten verschobene Ballsporthalle nun überhaupt nicht mehr im Investitionsplan. Tatsächlich ist diese Maßnahme derzeit in der Dringlichkeit nicht ganz oben anzusiedeln, dennoch möchten wir den Bau einer solchen Halle nicht ganz zu den Akten gelegt wissen.

Halb voll ist unser Glas derzeit bei der Betrachtung der Personalausgaben, die erstmals nicht gestiegen, sondern im Entwurf sogar leicht gesunken sind. Dieser leichte Abwärtstrend bei den Personalausgaben kann sich aber, ohne dabei Wasser in den Wein schütten zu wollen, allein durch die Öffnung einer neuen Kindergartengruppe bereits wieder erledigt haben und mit 9,1 Mio. Euro an Personalausgaben (diese Zahl muss man erst einmal vergegenwärtigen!) stellt diese Ausgabe nach wie vor fast die Hälfte aller Aufwendungen unserer Gemeinde. Wie bereits im vergangenen Jahr an dieser Stelle angeführt, sind weitere Einsparungen beim Personal kaum möglich, wenn wir guter Dienstleister und guter Arbeitgeber sein wollen. Wie sagte Herr Schiek: „Da ist keine Luft mehr drin.“ Wir sehen das auch vor dem Hintergrund, dass wir unsere guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr gerne langfristig bei der Gemeinde halten wollen und uns wünschen, dass alle Bürgerinnen und Bürger professionell, rasch und freundlich bei ihren Anliegen unterstützt werden. Trotzdem bleibt es Aufgabe von Bürgermeister und Gemeinderat, unsere Personalkosten mit denen von ähnlich strukturierten Gemeinden zu vergleichen und immer wieder auch die internen Organisationsstrukturen im Rathaus zu überdenken.

Wenn der Ergebnishaushalt von Herr Schiek mit den Worten zusammengefasst wird, „er entwickelt sich in die richtige Richtung,“ dann mag das stimmen. ABER: Es bleibt eine geplante Neukreditaufnahme in Höhe von fast einer Million Euro für das kommende Jahr stehen. Ein Haushaltsplan, der letztendlich nur durch eine Kreditaufnahme ausgeglichen werden kann, kann kein befriedigender Haushalt sein! Deshalb halten wir es in der FBW für fast einstimmig notwendig, die Grundsteuern A und B anzuheben. Die Anhebung dieser Steuer ist das effektivste Mittel zur Mittelbeschaffung. Einen wirklich richtigen Zeitpunkt für Steuererhöhungen gibt es wahrscheinlich nicht. Es ist bestimmt nicht beliebt, nach vielen Jahren ohne Anhebung der Hebesätze, aber durchaus vertretbar. Eine Anhebung der Hundesteuer auf 120 Euro pro Ersthund für den Haushaltsplan 2023 halten wir dann ebenfalls für sinnvoll. Das Wasser steht uns nicht bis zum Hals, bis zum Bauchnabel aber schon und es bleibt zu hoffen, dass die positive Prognose für den Finanzplanungszeitraum 2023 bis 2025 tatsächlich statt 3,3 Mio. Euro weiterer Kredite vielleicht schon 1 Mio. Euro „Plus“ bringt, damit wir beginnen können, unsere Kredite abzubezahlen, um wieder etwas Wasser unter den Kiel bekommen.

Ob das wohl möglich sein kann? Es liegen ja tatsächlich immer Aufgaben oder Wünsche an, die man angehen muss oder zumindest möchte. Dafür benötigt man eben immer Geld oder ausreichend Personal, das dann wieder Geld kostet: Unser Bauamt ist da besonders gefragt, zum Beispiel bei der eventuellen Entwicklung der Gewerbeflächen nördlich der Umgehungsstraße, im entstehenden Wohngebiet Schelmental /Auerberg oder auch bei einer möglichen zukünftigen Erschließung von Weihen III. Sie sind auch gefordert, wenn die Ortssanierung Nordhausen möglichst sehr bald an Dynamik gewinnt. Wir sind hoffnungsvoll, dass alle Beteiligten – Verwaltung, Gemeinderat, Planer, Denkmalschutz und vor allem die Bürgerschaft – eine gute, nachhaltige und konsensfähige Perspektive für die Nordhausener Ortsmitte entwickeln. Dies bezieht die Möglichkeit der Nutzung der historischen Gebäude (zumindest des ehemaligen Rathauses) mit ein. Würde tatsächlich doch noch eine Wohnbebauung am östlichen Ortsrand von Nordhausen entstehen, könnten wir uns in diesem Gebäude einen bestimmt gut förderfähigen und mit dem Denkmalamt umsetzbaren Kindergarten vorstellen. 

Die Entwicklung in der Ortsmitte von Nordheim weg vom Einkaufszentrum und hin zur überwiegenden Wohnnutzung bedauern wir, müssen aber hinnehmen, dass ein verändertes Einkaufsverhalten der Bürger die Erwerbschancen in der Ortsmitte nicht ausreichend darstellen. Wir möchten dennoch alles daransetzen, unsere Ortsmitte als attraktives Zentrum unserer Gemeinde zu erhalten. Dazu kann auch eine mögliche Neustrukturierung entlang der Lauffener Straße einen Beitrag leisten. Vielleicht gelingt dies weniger durch die Ansiedelung von Einkaufsmöglichkeiten, doch aber durch Dienstleistungsbetriebe, Büroflächen oder -nach wie vor für uns eine gut vorstellbare Möglichkeit- durch den Bau eines größeren Betreuungszentrums, in dem sowohl pflegerische Einrichtungen, wie auch Menschen mit Behinderung oder demenzkranke Menschen untergebracht werden könnten.

Man sieht, wir sprechen bei unserem Haushalt nicht von einem „stillen Wasser“, sondern eher von einer “aufgepeitschten See mit hohem Wellengang,“ weil nicht immer alles planbar und vorhersehbar ist und weil es manchmal auch notwendig ist, kurzfristig einen Schluck aus dem Glas zu nehmen. Ein bisschen, um im Bild zu bleiben, fischt so ein Haushaltsplan immer im Trüben.

Wie soll sich unsere Gemeinde weiterentwickeln? Wo müssen wir dringend Akzente setzen? Gespannt haben wir auf die Wasserstandsanzeige der Deutschen GigaNetz GmbH geblickt, ob Nordheim nun die geforderten 35% an Haushalten erreicht hat, die einen Vertrag abgeschlossen haben. Gut, dass das nun tatsächlich geklappt hat. Allerdings lief bei der Vermarktung bis dahin so ziemlich alles schief. Wohl manches Schülerprojekt wird besser vermarktet, als dies in Sachen Glasfaser bei uns geschehen ist und es bleibt zu wünschen, dass bei einem Einbau der Kabel in unserer Gemeinde manches besser geplant wird.

Einen sehr verheißungsvollen Auftakt hatten wir mit der Vorstellung des Biotopvernetzungskonzepts durch Herrn Strunk. Wie schon in den vergangenen Jahren sehe ich die Aufgabe, unseren Lebensraum zu bewahren und für unsere Kinder lebenswert zu erhalten, als besonders dringlich an. Wir im Gemeinderat haben dazu nur auf recht kleiner Fläche die Möglichkeit, unseren Beitrag zu leisten – aber diese Möglichkeit müssen wir nutzen. Wir können in unserer Position deutlich machen, dass wir hier Handlungsmöglichkeiten sehen und diese angehen. Herr Strunk sagte am Ende seiner Präsentation: „Nordheim ist mit diesem Biotopvernetzungsplan Vorreiter für den gesamten Landkreis.“ Das macht mich stolz und ich hoffe deshalb umso mehr, dass es uns tatsächlich gelingt, die in diesem Plan beinhalteten Maßnahmen wie das Anlegen von Blühstreifen, die Extensivierung von Flächen, der Erhalt von Streuobstwiesen, die nicht wöchentlich gemäht werden, das Anlegen von Lerchenfenstern und den Erosionsschutz auf den Weg zu bringen. 

Das Thema Ökologie ist aktueller denn je und mit einem Biotopvernetzungsplan ist es nicht getan. Wir müssen alles versuchen, gemeinsam mit den Bürgern unseren Beitrag zu leisten, den Klimawandel bestmöglich zu begrenzen. Es ist gut, dass wir gemeinsam mit Lauffen und Neckarwestheim einen Klimaschutzmanager einstellen wollen und wir hoffen, dass die gute Besetzung dieser Stelle und die Aufgabenaufteilung in gleich drei Kommunen funktioniert. Wir erwarten von dieser Person nicht nur die klimamäßige Optimierung unserer kommunalen Gebäude, sondern vor allem eine breite Öffentlichkeitsarbeit und die Unterstützung und Beratung unserer Bürger zum Thema Klimaschutz. Da erwarten wir uns viel und diese Person wird da schon von uns ins kalte Wasser geworfen. Er oder sie könnte helfen, alle unsere Maßnahmen von einem ökologischen Standpunkt zu betrachten: Wie können wir unsere Wohngebiete klimaschonend zukunftsfähig machen? Wo macht es Sinn, über Nachwärmekonzepte nachzudenken, wie es in unserer Nachbarschaft Kirchheim derzeit tut? Gibt es Möglichkeiten zur Stromerzeugung im Ort zum Nutzen der Bevölkerung? Können wir Bebauungspläne so formulieren, dass die Bewohner in weniger Abhängigkeit von externen Energieträgern sind? Gibt es vielleicht die Möglichkeit von Energieprojekten mit gemeinschaftlichem oder genossenschaftlichem Engagement? Und wäre ein Windrad an geeigneter Stelle tatsächlich das Ende unserer Kulturlandschaft? Sollte die Aufteilung dieser Stelle auf alle drei Ortschaften nicht ausreichend funktionieren, wäre für mich -Achtung, das würde Geld kosten! – eine eigene Schaffung einer solchen Stelle zu überdenken. 

Voll Vorfreude blicken wir auf das Jahr 2023, wenn Nordheim 1200 Jahre alt wird und wir das kräftig feiern wollen. Es ist uns ein Anliegen, dass wir dabei alle Bevölkerungsgruppen unserer Gemeinde einladen und wir es mal wieder so richtig krachen lassen. Nach etwas zögerlichem Beginn nehmen die Planungen an Dynamik zu und wir laden schon jetzt die gesamte Bevölkerung dazu ein, sich an diesem Festjahr als Mitdenker, Mithelfer und vor allem als Jubelgemeinde zu beteiligen. Wir sind uns sicher: Vereine, Kirchen, Schulen und Kindergärten, Gewerbetreibende und Privatpersonen, lassen sich wieder motivieren und wir beweisen erneut, dass uns in Sachen Feiern nur wenige das Wasser reichen können!… so Corona es zulässt.

Ja…. Corona. Jetzt sind es schon zwei Jahre, die uns dieses Virus beschäftigt und beeinträchtigt, im schlimmsten Fall lebensbedrohlich krank macht. Wir von der FBW wünschen unserer gesamten Bevölkerung von Herzen gute Gesundheit in diesem noch neuen Jahr. Lassen wir uns nicht anstecken von Schwarzsehen, Missmut und Verschwörungstheorien. Manches in unserem Land ist nicht perfekt und dennoch möchte ich nicht den Blick darauf verlieren, auf welchem Niveau wir in Deutschland zu jammern verstehen. Mit Zuversicht und mit Zusammenhalt werden wir auch diese Zeit bestehen. Dazu kann jeder und jede ganz klein bei sich anfangen und dazu rufe ich jeden Einzelnen in unserer Gemeinde auf.

Herrn Schmidt und Herr Reegen haben mit dem gesamten Kämmereiteam sehr viel Arbeit in diesen Haushaltsplan gesteckt. Die FBW sagt dafür herzlich „Danke“, auch für die zahlreichen Erläuterungen zum Entwurf in den vielen vergangenen Sitzungen und wir stimmen den beiden vorliegenden Entwürfen zu. Tatsächlich hat uns die Erfahrung gelehrt, dass Haushaltspläne erst im Nachhinein auf ihre eigentliche Qualität überprüft werden können und wir dürfen alle dran Anteil nehmen, die Entwicklung in unserem Glas im laufenden Jahr mitzuverfolgen.

Vielen Dank Herrn Bürgermeister Schiek für die ausgesprochen gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat. Bitte geben Sie diesen Dank an alle Mitarbeiter unserer Gemeinde weiter – wir wissen die Arbeit, die täglich gemacht wird, zu schätzen. 
Nicht zuletzt geht mein Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen aus den Fraktionen der CDU und SPD. Wenn ich lese, in welcher Atmosphäre Gemeinderatssitzungen in anderen Kommunen zum Teil ablaufen, dann bin ich doch wirklich sehr dankbar, mit Euch in dieser Runde zu sitzen und mit Euch in einer Nachsitzung dieses halb volle Glas Wasser in ein volles Glas Nordheimer Wein umzutauschen. 

Vielen Dank!