Harald Michelbach für die FBW-Fraktion

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schiek,
sehr geehrtes Rathausteam, liebe Gemeinderatskolleginnen und -kollegen,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

„Nichts ist so beständig wie der Wandel“, sagte Heraklit vor etwa 2500 Jahren. Wandel ist wohl eine Konstante des Lebens. Manche Veränderungen lösen eher Unbehagen, manche Freude aus. Lassen Sie mich die diesjährige Haushaltsrede doch mit der Sichtweise von Heraklit angehen.

Wenn wir das beim diesjährigen Haushaltsplan tun, dann könnten wir ihm in einigen Gesichtspunkten sicher zustimmen – in anderen müssten wir ihm aber auch widersprechen, weil ein erhoffter Wandel wohl ausbleibt oder auch manche Dinge einfach nur so bleiben, wie sie sind.

Jetzt, Ende April 2024, den Haushaltsplan für das laufende Jahr beschließen, das ist das reichlich spät im Jahr. Ein Drittel ist rum und man könnte meinen, unsere Gemeinde gibt das Geld wohl planlos aus. Aber so ist es ja nicht: Vieles von dem, was an Einnahmen und Ausgaben ansteht, sind schlichtweg laufende Prozesse, die nur wenig Wandel erfahren, aber eben funktionieren müssen. Vielleicht ist es auch gar nicht schlecht, die finanziellen Prognosen erst ein wenig später zu verabschieden – dann liegt man am Ende des Jahres mit dem Ergebnis vielleicht auch weniger daneben. Aber um bei Heraklit zu bleiben: Der Hauptgrund für den späten Haushalt liegt in der Unterbesetzung in den Ämtern unserer Verwaltung, ganz besonders in der Kämmerei. „Wandel“ bedeutete in diesem Amt, dass sich das Mitarbeiterkarussell schnell dreht und es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schlichtweg nicht möglich war, den Haushaltsplan zu Jahresbeginn einzubringen. Wir hoffen sehr, dass diese Art von „Wandel“ in den nächsten Jahren weniger schwungvoll vonstattengeht und wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die Konstanz und Ruhe in das Alltagsgeschäft bringen.

In vielen anderen Bereichen hätten wir uns viel mehr und vor allem schnelleren Wandel, zumindest aber Vorankommen gewünscht.

Im vergangenen Jahr äußerte ich an dieser Stelle die Hoffnung, dass…

1. …die Situation mit den Geflüchteten und Obdachlosen sich entspannen möge

Weit gefehlt! Nach wie vor ist die Gemeinde für rund 130 Geflüchtete und Obdachlose zuständig. Die Belastungsgrenze für die Gemeinde als Unterbringer ist erreicht und bei manchen Mitbürgern ist die Toleranzgrenze inzwischen überschritten. Das ist teilweise nachvollziehbar. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir es mit Menschen und Schicksalen zu tun haben und die von manchen geforderten „einfachen Lösungen“ nicht nur „einfach“ sind, sondern unmenschlich, egoistisch und überheblich. Heraklit hätte das übrigens wohl als eine „oberflächliche Realitätswahrnehmung“ bezeichnet.

2. …die Ortskernsanierung in Nordhausen wirklich in die Gänge kommt

Leider hat sich kein Investor gefunden, der derzeit die kommunalen Gebäude und Flächen im Zentrum angehen möchte oder kann. Das ist äußerst unbefriedigend! Der einzige Wandel in der Nordhausener Ortsmitte ist momentan nur der weitere Verfall. Viele Gebäude an der Durchgangsstraße stehen leer. Der unumgehbare Abriss gemeindeeigener Liegenschaften steht noch an. Wenigstens haben wir gerade endlich Informationen zur Machbarkeit der Nahwärmeversorgung erhalten.  Die Sanierung des gesamten Straßenzuges der Waldenserstraße und der Zabergäustraße hängt. Unsere für mich wichtigste kommunale Baustelle ist die, dass es in Nordhausen noch keine Baustelle gibt.

3. …der private Wohnungsbau in Nordheim und Nordhausen an Fahrt gewinnt

Auch hier ziehen sich die Planungen in die Länge. Sowohl für Nordheim als auch für Nordhausen hätten wir uns sehr viel schnellere Planungs- und Umsetzungsphasen gewünscht. Auch die bereits genehmigten Innenentwicklungen im Auerberg lassen weiter auf sich warten. Die aktuelle Situation am Bau ist schlecht – so eben auch bei uns. Es ist weiteres Potential vorhanden. Flächen in der Brackenheimer Straße, am Marktplatz, in der Kirchstraße oder das Diakoniegebäude – Wandel dauert manchmal eben länger. Oder anders formuliert: Qualität braucht Zeit… und genügend Mitarbeiter, die sich der Aufgaben dann annehmen können. So ist es auch mit dem potentiellen Baugebiet auf dem Weihen, dessen Verwirklichung derzeit in den Sternen steht oder dem Überdenken alter Bebauungspläne, die vielleicht nicht mehr unbedingt zeitgemäß sind.

4. …das Gewerbegebiet Breitenbaum Formen annimmt

Gutachten und Planertätigkeiten dauern an, das Bauamt ist erst seit diesem Jahr wieder ansatzweise ausreichend besetzt. Zudem erschwert die Bürokratie und unverhältnismäßige Ausgleichsmaßnahmen ein zielführendes Weiterkommen. So wird auch der Weg zum Gewerbegebiet Breitenbaum zur Marathonstrecke.

5. …der Kindergarten in der Heuchelbergstraße zur Sanierung kommt

Während das Dach nach wie vor undicht ist, müssen wir die gesamte Maßnahme europaweit ausschreiben und Fristen einhalten. Außerdem gilt es zu überlegen, wo und wie die Kinder der Einrichtung in der Sanierungsphase untergebracht werden können. Zum Glück scheint sich da eine Lösung anzubahnen.

6. …das Projekt Sonnengarten – wie es inzwischen heißt – durchstartet

Das sah zu Jahresbeginn noch ganz gut aus. Nun teilt das Landratsamt mit, dass die für die Umsetzung notwendigen hohen, zu erwartenden Mietpreise, nicht machbar sind. Somit steht auch hinter der möglichen Nutzung durch die Lebenswerkstatt und die Diakonie ein großes Fragezeichen. Das frustriert. Und was jetzt? Finden sich Investoren, die auch andere Nutzungsmöglichkeiten ins Spiel bringen. Ein sogenanntes Mehrgenerationenhaus vielleicht?

7.…die Deutsche Giganetz ihre Arbeiten beendet

Nein, auch das ist noch nicht erledigt. Ganz zu schweigen von den Mängeln, die es noch zu beheben gibt.

Heraklit hätte jetzt vielleicht geantwortet: „Das mit der Beständigkeit des Wandels gilt wohl überall, aber manches geht in Nordheim ziemlich langsam!“

Doch so negativ sich nun manches anhört, nein, das ist nicht das Fazit, mit dem ich schon zum Ende der Haushaltsrede kommen werde. Denn trotz allem, was uns allen hier nicht gut genug oder schnell genug geht, wir können auch viel Positives benennen.

Wenn in der übernächsten Woche das Freibad öffnen kann, dann nur deshalb, weil wir eine Fachkraft gefunden haben, die mit Unterstützung der DLRG, den Mitarbeitern des Bauhofs und dem neu bzw. wiedergegründeten Freibadförderverein die Saison schon irgendwie schaukeln wird.

Unsere Gemeinschaftsschule startet nach den Sommerferien erneut zweizügig in die fünften Klassen. Das war zum Start dieser Schulart nicht zu erwarten, nicht einmal zu erhoffen! Ganz offenbar ist es gelungen, diese weiterführende Schule bei uns zu etablieren. Wenn nun die Räume knapp werden, dann wird das wohl teuer werden, aber eigentlich ist das erst einmal ein Zeichen dafür, dass dort gute Arbeit geleistet wird.

Dass der von uns unterstützte Windpark Heuchelberg bis zu seiner Inbetriebnahme einiges an Zeit braucht, war vermutlich allen klar. Dennoch freuen wir uns daran, dass der Gesellschaftsvertrag mit den beteiligten Kommunen und Graf Neipperg abgeschlossen werden konnte. Wir sind nun gespannt, welche Ergebnisse die angelaufenen Gutachten bringen werden. Von unserem Partner Zeag sind wir nach wie vor überzeugt und froh darüber, dass wir als Gemeinde und als Bürgerschaft bei allen Schritten hin zum Windpark und bei der Betreibung des Windparks mit im Boot sitzen. In unserer direkten Nachbarschaft erleben wir, dass solche Projekte auch anders ablaufen können.

Doch nicht nur an der Erzeugung von grüner Energie arbeiten wir, sondern auch am Einsparen. Inzwischen ist die komplette Straßenbeleuchtung in unserer Gemeinde auf LED umgestellt. Zudem werden wir die Verbräuche unserer kommunalen Gebäude digital erfassen. Auch mit dieser Maßnahme wird Geld gespart werden.

Alle beteiligten Kommunen haben weiteren Planungen für die Zabergäubahn zugestimmt. Das ist zuerst einmal eine richtige Entscheidung. Wir in Nordheim und Nordhausen knüpfen diese Zustimmung aber an klare Bedingungen, die wir auch deutlich formuliert haben. Wie, wann und auch noch ob die Zabergäubahn fahren wird, ist aber äußerst offen.

Viel schneller und bereits umgesetzt ging es mit dem Kauf des neuen Bürgerbusses für unsere Gemeinde, auch durch die großzügige Unterstützung der Nordheimer Gewerbetreibenden. Durch die ehrenamtliche und sehr lobenswerte Arbeit unserer Fahrer rollt der kostenlose Bus an zwei Tagen durch unsere Ortsteile. Eine prima Sache!

Nordheim ist eine lebendige Gemeinde! Das konnten wir über das gesamte Jubiläumsjahr 2023 feststellen. Vereine, Kirchen und viele ehrenamtliche Helfer haben unter der Federführung von Frau Sommerfeld und Frau Frank ein tolles Veranstaltungsjahr ermöglicht. Es wurde deutlich, dass Gemeinsinn und Zusammenhalt nach wie vor zum Genpool vieler Bürger unserer Gemeinde gehören. Ein Highlight unserer Feier war sicherlich der Besuch aus den anderen Nordheims bei uns. Erste Kontakte sind geknüpft und wir freuen uns schon jetzt auf die erneute Begegnung mit den anderen Nordheimern und auf die Intensivierung der Beziehung der Gemeinden. Nun wollen wir den Schwung des Jubiläumsjahres mitnehmen in dieses Jahr – kleiner zwar, aber schon jetzt freuen wir uns auf das Festwochenende im Juli im Nordheimer Parkgelände. Und diese Veranstaltung kann dann ja auch dazu dienen, um Fahrt aufzunehmen für das in 2025 anstehende 325-jährige Jubiläum von Nordhausen. Dieses Ereignis muss auf jeden Fall ebenfalls von Verwaltungsseite mit unterstützt und mitgeplant werden.

Ich möchte Heraklit zurufen: „Tja, mein Lieber, es geht schon was in Nordheim, aber halt nicht alles so schnell, wie wir uns das wünschen würden.“ Denn bei all dem dürfen wir auch nicht vergessen, dass nur umsetzbar ist, was finanzierbar ist. Alles andere wäre unverantwortlich. Deshalb ist es gut, dass sich alle Beteiligten im Rathaus akribisch mit den Zahlen beschäftigt haben. Auch wir Gemeinderäte haben die Zahlen unter die Lupe genommen. Beim Ergebnishaushalt stehen den Einnahmen aus Gewerbesteuer, Einkommenssteuer, Schlüsselzuweisungen, Kindergartengebühren und kleineren Einnahmeposten vor allem die nun 10,6 Millionen Euro fürs Personal entgegen. Im Stellenplan finden wir ein Plus von 3,9 Stellen im Vergleich zum Vorjahr, rund 43% der Beschäftigten nach Stellenumfang sind in Kindergärten und Krippen beschäftigt – das sind fast 50% der bei der Gemeinde angestellten Personen. Das ist immens und zeigt, dass wir uns dieser wichtigen Aufgabe stellen. Insgesamt beschäftigt die Gemeinde rund 220 Menschen.

Im Finanzhaushalt mit den Investitionen sind nicht die ganz großen Brocken zu finden – in der Summe ergibt sich dann aber doch eine große Zahl. So haben wir bereits zu Beginn des Jahres drei Gebäude erworben. Das Geld ist zwar weg, das Vermögen in Form der Häuser ist ja aber da.

Des Weiteren geben wir Geld aus für den Medienentwicklungsplan der Schule, die Fassade der Ortsbücherei, die Nachrüstung von Regenüberlaufbecken, dem barrierefreien Ausbau von Bushaltestellen, die Fertigstellung der Sanierungsplanungen und den Bau des Aussegnungsraums in Nordhausen. Das hört sich alles nicht so viel an, unter dem Strich geben wir aber – vereinfacht gesagt – mehr aus, als wir haben.

Heißt: Wir müssen damit rechnen, im Laufe des Jahres einen Kredit in Höhe von rund einer halben Million Euro aufnehmen zu müssen.  Von der Erwirtschaftung der Abschreibungen brauchen wir wie viele andere Kommunen also überhaupt nicht zu reden. Wie sagte Bürgermeister Schiek bei der Einbringung des Haushaltsplanes: „We are not amused.“

Wir auch nicht, Herr Bürgermeister Schiek. Aber wir leben in der Hoffnung, dass dann in der Abrechnung des Jahres 2024 die Zahlen – wie so oft – doch besser aussehen, als zunächst angenommen. Wir von der FBW sind gewiss, dass der vorliegende Plan dennoch eine solide Grundlage für das Handeln in unserer Gemeinde sein wird. Deshalb stimmen wir dem vorliegenden Haushaltsplan und dem Plan für das Wasserwerk zu. Nun ist es aber dringend notwendig, dass die Ergebnisse der letzten Haushalte als Referenz für die folgenden Haushalte mit aufgeführt werden.

Wie war das mit Heraklit? Nichts ist so beständig wie der Wandel? Ja, da ist was dran. Auch, wenn der Wandel zum Besseren oft länger dauert, als es einem lieb ist und wir ja nicht nur tatenlos zusehen müssen, wie sich Wandel vollzieht. Wir können hier in diesem Gremium den Wandel mitgestalten.

Ich denke, das gelingt uns meist sehr gut. Vielleicht hat Abraham Lincoln ja an Heraklit gedacht, als er sagte: „Die beste Möglichkeit, die Zukunft vorherzusagen, ist sie zu gestalten.“

Das tun wir nicht nur mit dem Absegnen eines Haushaltsplans, für dessen Erstellung wir uns bei Jochen Schmidt, Niklas Bauer, Volker Schiek, Robin Eichhorn und dem gesamten Rathausteam herzlich bedanken.

Das tun auch wir  in vielen Entscheidungen, die wir hier im Gremium fällen und in den letzten fünf Jahren dieser Legislaturperiode gefällt haben.

Dabei waren wir nicht immer einer Meinung – aber wir haben es geschafft, andere Meinungen stehen zu lassen oder in die eigenen Entscheidungen einfließen zu lassen. Das war, so finde ich, eine große Stärke in unserer Runde. Deshalb möchte ich mich im Namen der gesamten FBW-Fraktion bei unseren Gemeinderatskolleginnen und -kollegen für die konstruktive und kollegiale Zusammenarbeit bedanken. Ebenso geht unser Dank an die vielen Mitarbeiter unserer Gemeinde, egal ob im Bauhof oder in der Verwaltung, bei der Reinigung oder in der Arbeit mit den Kindern, in der Bücherei oder im Freibad, in der Integration oder in der Hausmeisterei.

Blicken wir bei allen negativen Botschaften unserer Zeit zuversichtlich nach vorne und lassen Sie uns gemeinsam die Segel so setzen, dass wir den Wandel bestmöglich gestalten.

Danke für die Aufmerksamkeit.


Hier geht es zur Haushaltsrede 2023.